Jonas beim Interview mit Günther "Tschiggo" Pföstl

Interview mit Jonas Heinz aus dem Jahr 2021

Am Mittwoch, 15.09.2021 wurde Jonas Heinz im Serie C-Pokalspiel des FC Südtirol gegen Giana Erminio (Endstand 4:1) in der 83. Minute für Kevin Vinetot eingewechselt. Dies war der erste Profieinsatz für den 18jährigen Naturnser. Der letzte und bis dato einzige Naturnser, der es beim FCS zu einigen Minuten im Profifußball schaffte, war Manuel Strobl im Jahr 2006. Jonas stand uns einige Tage nach seinem Debut in einem ausführlichen Interview Rede und Antwort. 

Zur Person: Heinz Jonas, geboren am 21.03.2003, wohnhaft in Naturns mit fünf Jahren beim SSV Naturns mit dem Fußball begonnen und dort bis zur U10 gespielt im Jahr 2014 in die C-Jugend des FC Südtirol gewechselt und dort alle Jugendteams durchlaufen, in der Saison 2021/22 erstmals im Kader der Profimannschaft in der Serie C


Interview von Günther Pföstl

Was ist dir im Pokalspiel gegen Giana Erminio durch den Kopf gegangen, also der Trainer dir sagte, dass du eingewechselt wirst?

Ich war nach einer kurzen Krankheit erst wieder drei Tage im Mannschaftstraining und hätte mir keinen Einsatz erwartet. Einige Mitspieler hatten mir jedoch angedeutet, dass Trainer Ivan Javorcic mit mir recht zufrieden wäre und dass ich zu einem Einsatz im Pokal kommen könnte. Vor dem Spiel hatte ich dann auch ein gutes Gefühl, dass es klappen könnte. Als mich der Trainer dann beim Stand von 3:1 zum Einwärmen schickte, war ich schon ziemlich nervös und ich habe den Konditionstrainer stetig gefragt, wie lange noch zu spielen wäre. Als ich dann zur Bank gerufen wurde und das Trikot überstreifte wandelte sich die Aufregung in volle Motivation und den Glauben daran, diese Chance beim Schopf packen zu wollen. Ich dachte mir: "Iaz muasch holt Gas geben".

Wie ist es dir dann in den zehn bis zwölf Minuten verbleibenden Spielzeit ergangen?

Eigentlich recht gut, ich bin zufrieden. Das wichtigste ist für mich immer in die Zweikämpfe zu kommen und diese zu gewinnen und das ist mir auch gegen gestandene Spieler gut gelungen. Auch am Ball ist es recht gut gelaufen.

Wie ist zurzeit dein Tages- bzw. Wochenablauf? Wie bist du imstande den Profifußball mit der Schule in Einklang zu bringen?

Oftmals findet das tägliche Training am Vormittag statt. Das heißt ich schlafe bei mir zu Hause in Naturns und starte kurz vor 9 Uhr ins FCS-Center nach Eppan/Rungg zum Training. Dort bin ich bereits eineinhalb Stunden vor dem Training, um allgemeines Krafttraining und spezifische Übungen für meine Kniegelenke zu machen, mit denen ich öfters Probleme hatte. Um 11 Uhr haben wir dann das 90minütige Mannschaftstraining, danach mache ich immer ein Eisbad im Wasserbecken zur Regeneration. Dann wird gemeinsam mit den Teamkollegen im FCS-Center zu Mittag gegessen. Danach fahre ich nach Hause oder ich setzte mich gleich im Trainingszentrum an den Laptop um einige Dinge für die Schule zu machen. Da ich bei Vormittagstrainings nicht in der Schule sein kann, senden mir die Lehrer den Unterrichtsstoff zu, den ich dann versuche nachzuholen. Bei Nachmittagstrainings gehe ich am Vormittag logischerweise zur Schule, wenn dies aber nicht möglich ist, muss ich mich individuell um den Lernfortschritt kümmern. Normalerweise sollte ich es zwei bis drei Tage pro Woche in die Schule schaffen, bei englischen Wochen ist es allerdings oftmals auch nur einer.

Welchen Stellenwert hat für dich der Schulabschluss in diesem Jahr?

Ich möchte unbedingt dieses Jahr die Matura an der WFO in Bozen schaffen. Ich glaube, dass es für mich und generell für jeden Fußballer wichtig ist, auch einen Schulabschluss zu absolvieren, denn man weiß nie, wie weit man es im Fußball bringen kann.

Welche Erinnerungen hast du an deine Wurzeln beim SSV Naturns?

Als ich mit fünf Jahren in der U8 begann habe ich mich eher zurückgehalten, da ich auch mit drei Jahre älteren Kindern spielte. Als ich dann mit meinen Jahrgangskollegen im Team spielte, war dies immer ein Riesenspaß und ich habe mich auf die zwei wöchentlichen Trainings und die Meisterschaftsspiele immer sehr gefreut. Das U10-Jahr habe ich in bester Erinnerung, denn ich hatte zu meinen Kollegen und den Trainern Kalle (Walter Müller a.d.R.) und Pino (Pierino Mattei a.d.R.) ein sehr gutes Verhältnis. Wir wurden Meister und dritter der Landesmeisterschaft und damit hatte ich in meinem letzten Jahr beim SSV einen super Abschluss.

Wie wurdest du vom FC Südtirol entdeckt?

Ich glaube, dass auf mich der FCS durch meine Tätigkeit im VSS-Förderzentrum in Latsch erstmals aufmerksam wurde, ich denke Arnold Schwellensattl hat mich empfohlen. Dann wurden wir in der U10 beim Mini-WM-Turnier in Milland und bei den VSS-Landesfinalspielen in Vahrn beobachtet.

Wer waren bis dato die wichtigsten Personen in deiner Karriere?

Der Rückhalt war und ist für mich immer die Familie, meine Eltern und meine Schwester. Dann sind für mich meine fünf, sechs Naturnser Kollegen enorm wichtig, mit denen kann ich mich über alles unterhalten, vor allem wenn mal was nicht so gut läuft, sie sehen mich nicht als Fußballer, sondern als Kollegen. Und jetzt natürlich auch meine Freundin, die mich total unterstützt.

Und wer hat dich sportlich am meisten weitergebracht?

In Naturns waren dies zweifelsfrei Kalle und Pino, die mich vor allen Dingen in den letzten beiden Jahren beim SSV enorm weiterentwickelt haben. Beim FC Südtirol war dies in den ersten Jahren Michele Santori, der mich sehr geprägt hat, vor allen Dingen menschlich. Er hat uns klare Vorgaben von bestimmten Regeln gegeben und uns zu verstehen gegeben, dass unabhängig vom Fußballer die Entwicklung der Persönlichkeit sehr wichtig ist. Der zweite war Paolo Goisis in der U17, der auch Profi beim FCS war und mich spielerisch sehr weitergebracht hat. Diese Trainer haben mir mit ihrer Erfahrung auch vermittelt, dass der Kopf passen muss, um gut Fußball zu spielen. Dann natürlich Stefano Vecchi, der mich in der Vorsaison mittrainieren ließ und die aktuellen Trainer Ivan Javorcic und sein Co Leonardo Greco, von denen ich sehr begeistert bin und von denen ich viel Vertrauen spüre.

Trotz deines jungen Alters haben dich bereits einige Verletzungen zurückgeworfen ….

Ja, bitter war der Anriss des Seitenbandes im Knie am Ende der letzten Saison, als ich im Play-Off-Aufgebot war, davon habe ich mich bis zum Saisonstart gut erholt. Auch in den letzten Wochen hatte ich einige gesundheitliche Probleme. In den letzten Jahren hatte ich zwei Mal eine Gehirnerschütterung in Jugendspielen erlitten. Und in meinen Jugendjahren waren die Leisten bzw. Adduktoren und auch die Menisken in den Kniegelenken oftmals ein Problem. Durch diese Rückschläge habe ich aber gelernt mit meinem Körper umzugehen und wie man von Verletzungen noch stärker zurückkommen kann. Für die Rehas und für die Vorbeugung von Verletzungen war für mich die Betreuung von Physio Karl Brunner enorm hilfreich.

In den letzten Jahren hattest du immer die Kapitänsschleife in den Jugendteams des FC Südtirol. Wie kam es dazu?

In den ersten Jahren beim FCS wechselte die Kapitänsrolle immer abwechselnd zwischen mehreren Spielern. Vor einigen Jahren machte dann ein Trainer eine Wahl in der Mannschaft, welche auf mich viel. Von diesem Zeitpunkt an wollten mich jede Saison meine Teamkollegen als Käpt`n ohne neu zu wählen und so hatte ich bis zur letzten Saison in der Primavera diese Rolle inne.

Du warst auch Kapitän der nationalen U17-Serie C-Auswahl ….

Ja, Trainer Daniele Arrigoni machte mich zum Kapitän und das hat mich sehr überrascht, denn mein Italienisch war sicherlich nicht das beste und manche Mitspieler fragten mich sogar, ob ich aus Österreich käme (lacht). Dieses Vertrauen eines ehemaligen Serie A-Trainers zu genießen, war eine tolle Erfahrung.

Was bedeutet die Kapitänsbinde generell für dich?

Es zeugt von großem Vertrauen des Trainers und der Mitspieler in meine Person, vor allen Dingen als Mensch, mehr noch als Fußballer. Ich hatte immer einen guten Umgang mit allen, sei es auf dem Platz, wie auch außerhalb. Die Rolle des Kapitäns bedeutet für mich in jedem Training und jedem Spiel voraus zu gehen, immer das Ziel der gesamten Mannschaft im Auge zu behalten und bei Problemen, auch zum Beispiel mit dem Trainer, diese offen anzusprechen. Die richtige Einstellung in jedem Spiel ist für mich extrem wichtig und ich versuche diese als Kapitän auch auf meine Mitspieler zu übertragen.

Du hast in dieser Saison den Sprung von der Primavera in das Profiteam geschafft. Was sind die größten Unterschiede vom Jugend- zum Profifußball?

Der technische Unterschied erklärt sich dadurch, dass die Profispieler halt schon viel länger auf einem bestimmten Niveau aktiv sind. Noch größer ist der körperliche Unterschied, da es sich ja um ausgewachsene, gut trainierte und muskulöse Spieler im Profibereich handelt. In jedem Training wird Vollgas gegeben, ohne Rücksicht darauf, dass am kommenden Wochenende ein Spiel ansteht. Die Intensität in jedem Training ist dadurch viel höher, es wird auch viel mehr gelaufen. Und gewaltig ist auch der Unterschied in der Schnelligkeit im Spiel: du musst schneller spielen, du wirst schnell gepresst und du musst vor allen Dingen im Kopf viel schneller Lösungen finden.

Also bist du nach einem Training jetzt richtig k.o.?

Richtig, körperlich und mental. Dadurch, dass du bei den Profis bist, musst du schon vom Kopf her viel mehr leisten. Und dann läufst du, was die Beine hergeben, aber im Anschluss bist du wirklich k.o.

Der erste Profieinsatz ist ein neuer Startpunkt in deiner Karriere. Was sind deine nächsten Ziele als Profifußballer?

Kurzfristig ist es mir wichtig, dass in dieser Saison die Mannschaft ihr Saisonziel erreicht. Wir sind eine gut harmonierende Truppe, ob Alt oder Jung ziehen alle an einem Strang. Wir wissen, dass wir stark sind und wir wollen jedes Spiel gewinnen. Wir haben auch Lust auf den Meistertitel, da wir wissen was dies für uns und auch für den Verein bedeuten würde. Langfristig habe ich immer noch dieselben Ziele, welche ich schon als kleiner Junge hatte: ich möchte es als einer der weniger Südtiroler in die Serie A schaffen. Als Naturnser Junge in der höchsten Liga zu spielen und verschiedene Titel zu gewinnen war immer schon mein Traum und dies ist auch jetzt noch mein Hauptziel. Mich hat immer schon angetrieben, so hoch wie möglich zu spielen.

Mentalität scheint eine deine Stärken zu sein. Was würdest du generell als deine Stärken und falls du sie uns verrätst, als deine Schwächen bezeichnen?

An meiner mentalen Einstellung habe ich in den letzten Jahren viel gearbeitet. Ich habe mir immer selbst zu viel Druck gemacht und bereits beim kleinsten Fehler in einem Training dieses als schlechte Einheit verinnerlicht. Nun bin ich da viel stabiler und auch eine lautstarke Rüge des Trainers wirft mich nicht aus der Bahn. Eine weitere Stärke von mir ist die Eigenschaft, alles was ich habe auf dem Platz zu geben, in jedem Zweikampf alles voll rein zu hauen. Was ich sicherlich noch verbessern muss, ist die Technik, vor allen Dingen im linken Fuß, da läuft es noch nicht immer so, wie ich es gerne hätte. An Erfahrung muss ich natürlich auch noch dazu gewinnen, da gilt es im Profifußball möglichst viel davon zu sammeln, um in jeder Situation die optimale Lösung zu finden.

Du hast einen wichtigen Schritt getan. Was kannst du einem Jugendspieler, sei es bei einem Proficlub, sei es bei einem Amateurverein mit auf den Weg geben?

Das Wichtigste, was ich jeden raten würde ist, dass er, egal wo er landet oder wie weit er es bringt, immer der gleiche Mensch bleibt. Es gibt viele junge Spieler, die nach einigen Trainingseinheiten mit der ersten Mannschaft oder dem Debut als Profi glauben, sie sind nun Weltfußballer. Ein Jugendspieler sollte sich nie selbst zu viel Druck machen, sondern in jedes Spiel gehen, um das Beste für die Mannschaft herauszuholen, dann macht man selbst ganz automatisch ein gutes Spiel. Was noch wichtig ist, auch in schlechten Phasen nie den Kopf hängen zu lassen, damit steigert man das Selbstvertrauen und der Glaube an sich selbst ist immens wichtig.

Abschließend noch eine Botschaft an deinen Heimatverein SSV Naturns!

Generell möchte ich mich beim SSV bedanken, der Verein hat mich seit meinen jungen Jahren immer unterstützt. Auch nachdem ich den Schritt zum FC Südtirol getan habe, bin ich trotzdem immer gerne auf den Naturnser Sportplatz gekommen. Auch bei Verletzungen haben mich die Leute hier immer unterstützt. Der Verein wird sicherlich weiter sein Weg gehen, wie er dies schon immer getan hat. Der SSV wird immer ein Teil in meinem Leben bleiben und ich wünsche ihm nur das Beste!

 

Danke Jonas für das ausführliche Gespräch. Wir wünschen dir, dass du all deine Ziele erreichen kannst und vor allen Dingen, dass du von gröberen Verletzungen verschont bleibst. Dass dein Herz immer noch auch ein wenig gelb-blau schlägt, macht uns stolz!

 

 

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