Interview mit Raphael Kofler aus dem Jahr 2023
Am 14. August trauten viele FC Südtirol-Fans, vor allen Dingen jene in und um Partschins und Naturns, wohl ihren Augen kaum, als sie den Fernseher anmachten: Raphael „Raffi“ Kofler stand in der Startelf im altehrwürdigen Marassi-Stadion von Genua beim Italienpokalspiel gegen Sampdoria. Dem aber nicht genug, denn auch in den ersten drei Serie B-Partien der neuen Saison gegen La Spezia, Feralpisalò und Ascoli gab Trainer Pierpaolo Bisoli dem 18jährigen das Vertrauen und stelle ihn in der Startformation ins Mittelfeld. Inzwischen unterschrieb der in Rabland wohnhafte, 1,93 Meter große Spieler, seinen ersten Profivertrag. In der Länderspielpause stand uns Raffi für ein ausführliches Interview zur Verfügung.
Zur Person: Raphael Kofler
- geboren am 26.04.2005 in Meran, wohnhaft in Rabland/Partschins
- mit fünf Jahren beim ASV Partschins mit dem Fußball begonnen und dort bis zur U10 gespielt
- im Jahr 2015 in die C-Jugend des FC Südtirol gewechselt und dort alle Jugendteams durchlaufen
- in der Saison 2022/23 bereits oftmals im Kader der Profimannschaft in der Serie B gestanden, Debut in der Serie B am 19.08.2023 im Heimspiel gegen La Spezia (3:3), am 29.08.2023 seinen ersten Profivertrag unterschrieben
Interview von Günther Pföstl
Raffi, 85 Minuten im Italienpokal im Stadio Marassi gegen Sampdoria, Stammspieler in der Serie B in den ersten drei Spielen und jetzt ein Profivertrag mit fünf Jahren Laufzeit – wie fühlt sich das an?
Eigentlich wie im Traum. Bei Trainer Bisoli weiß man bis kurz vor dem Spiel nie, wer fix spielt. Als ich dann in Genua erfuhr, dass ich starte, war ich schon sehr nervös, aber es ist sehr gut gelaufen, nur schade, dass wir im Elfmeterschießen verloren haben. Beim ersten Heimspiel im Drususstadion gegen Meisterschaftsfavorit La Spezia war ich noch aufgeregter, schließlich waren viele mir bekannte Leute im Stadion. Aber auch dieses Spiel verlief mit dem 3:3 recht gut für uns.
Und wie kam es, dass der FC Südtirol dir als gerade mal 18jährigen einen langjährigen Profivertrag angeboten hat?
Hannes Fink (Technischer Direktor des FCS, A.d.R.) rief zuerst meinen Vater an – er war im Urlaub - und dann etwas später holte er mich zu ihm ins Büro und er sagte uns, dass der Verein mir einen Profivertrag geben möchte. Bei den Details war dann noch mein Berater Willy Arciello (er unterstützt Raffi seit Ende der letzten Saison, A.d.R.) dabei. Ich hätte eigentlich noch ein Jahr Jugendtesserierung gehabt und dann hätten sie mir auch erst einen Ausbildungsvertrag geben können, deshalb war es für mich schon eher überraschend und ein großer Vertrauensvorschuss. Für mich bedeutet der Profivertrag einen neuen Startpunkt und auch, dass ich weiter Vollgas geben muss.
Bereits in der letzten Saison 2022/23 warst du vielfach bei den Profis dabei. Wie sind deine Eindrücke vom Profifußball und wo liegen die Unterschiede zum Jugendbereich?
Ja, ich durfte bereits im Sommer 2022 mit ins Trainingslager und auch danach oft bei Trainings und Spielen der Profis dabei sein. Als beim ersten Serie B-Spiel in Brescia auf einmal Sky und Dazn in der Kabine waren und ich die Fangesänge im Stadion wahrnahm, war das schon beindruckend und ich war nervös. Die Unterschiede liegen vor allen Dingen in der Intensität in Trainings und Spielen und in der Konzentration. Profis können sich auf den Punkt auf ihre Aufgaben fokussieren.
Nimm uns mit auf deinen Weg zum Profifußballer ….
Bis zu meinem zehnten Lebensjahr habe ich in Partschins gespielt, zuletzt in der U10 von Daniel Schnitzer, der mir als Trainer sehr positiv in Erinnerung geblieben ist. Des Weiteren trainierte ich im VSS-Förderzentrum in Latsch, mit dessen Team ich auch den Cordial Cup in St. Martin i.P. bestritt. Dort entdeckte mich der FCS-Scout Dino Ciresa und lud mich zu einigen Probetrainings nach Bozen ein. Im Sommer 2015 bin ich dann in die C-Jugend des FC Südtirol gewechselt und habe mich dort unter Trainer Stefano Crepaz gut weiterentwickelt und bei Turnieren gegen bekannte Profivereine gespielt. Von den Folgejahren war für mich vor allen Dingen jenes in der U17 unter Trainer Momy Hilmi sehr prägend. Wir gewannen die Meisterschaft und ich durfte das Team als Kapitän anführen. Letztes Jahr haben wir es dann in der Primavera 3 bis ins Play-Off-Finale geschafft und sind trotz zweier Unentschieden nur Zweiter geworden (dann auf dem Verbandswege in die Primavera 2 aufgestiegen, A.d.R.)Ausserdem muss ich mich bei meinen Trainern des FC Südtirol Bertuolo Luca, Fadda Giorgio, Refatto Davide und Ljubisic Zoran (Trainer Primavera) bedanken.Zudem auch bei Brunner Karl, der mir im Bereich Krafttraining und Ernährung mit sehr guten Tipps weitergeholfen und immer ein offenes Ohr hat. Einen Dank auch allen Personen die mich begleitet haben und ich nicht namentlich erwähnt habe. Auch sie haben ihren Beitrag geleistet.
Und wie willst du in diesem Jahr den Schulabschluss mit der Profikarriere vereinen?
Ich besuche die WFO Heinrich Kunter in Bozen und wohne im Georgsheim. Mit dieser Schule hat der FC Südtirol ein Abkommen und es wird alles dafür getan, dass beide Tätigkeiten vereinbar sind. Hannes Fink hat die Kontakte zur Schule und es ist auch dem Verein sehr wichtig, dass meine Schulleistungen passen. Ich bin zuversichtlich, dass ich trotz Vormittagstrainings die Matura schaffen kann, auch weil mir einige Lehrer bereits zugesagt haben, mich auf diesem Weg zu unterstützten.
Was sind nun deine sportlichen Ziele in der laufenden Saison?
Der Verein hat den Klassenerhalt als oberstes Ziel ausgegeben. Ich persönlich werde in jedem Training alles geben, um so viel Einsatzzeit als möglich zu bekommen. Es ist für mich jetzt wichtig, Erfahrung im Profifußball zu sammeln. Wie viel das ist, hängt hauptsächlich von mir selbst ab, denn der Trainer stellt immer nach seinem besten Wissen und Gewissen auf.
Und wo siehst du dich in fünf Jahren?
Mein Traum als Kind war es, einmal für den FC Südtirol als Profi zu spielen, das habe ich nun geschafft (lacht). Aber natürlich möchte ich, wie jeder junge Fußballer, mehr. Trainer Bisoli gibt vor allen Dingen uns Südtirolern in der Mannschaft immer wieder zu verstehen, wie stolz wir darauf sein können, dieses Trikot zu tragen. Ich möchte mich in der Mannschaft etablieren. Natürlich ist langfristig auch die Serie A ein Ziel, am liebsten mit dem FCS, das wäre das Top vom Top.
Wer sind deine Vorbilder und was würdest du Jugendspielern mit auf den Weg geben, die Profi werden wollen?
Im FCS-Jugendbereich war immer der Naturnser Jonas Heinz mein Vorbild, er war immer ein-zwei Schritte vor mir und hat mir auch im ersten Trainingslager sehr geholfen. Momentan sind es vor allem unser Kapitän Fabian Tait und Andrea Masiello, beide sind Mentalitäts-Monster und geben in jedem Training Vollgas. Ich glaube, dass es für jeden jungen Spieler wichtig ist, Ziele zu haben, sich darauf zu fokussieren und hart an sich zu arbeiten. Ich habe immer versucht bodenständig zu bleiben und vor allen Dingen in schwierigen Momenten an mich zu glauben. Als Mensch geerdet zu bleiben, egal wie gut man Fußball spielen kann, hat mir vor allen Dingen mein Vater gelernt.
Du sprichst denen Vater Andy an. Wie wichtig war und ist die Rolle deiner Familie in deinem Werdegang?
Extrem wichtig und ich bin meinem Vater und meiner Mutter auch sehr dankbar, dass sie mich so auf meinem Weg unterstützen. Sie haben unzählige Fahrten nach Bozen und auch zu den Auswärtsspielen gemacht. Ich glaube, dass für jeden Fußballer seine Wurzeln – Familie und Kollegen – sehr wichtig sind, vor allen auch in der Freizeit, um mal vom Fußball abzuschalten.
Du bist nun innerhalb eines Jahres, nach Jonas Heinz, der zweite Spieler aus der SpG Untervinschgau, der einen Profivertrag erhalten hat. Wie schätzt du das ein?
Ich glaube, dass in Partschins und Naturns hervorragende Jugendarbeit geleistet wird, deshalb spielen heuer auch beide in der Oberliga. Ich schaue auch gerne deren Spiele an, mein Bruder Hannes spielt ja auch beim SSV. Außerdem bin ich den Vereinen sehr dankbar für alles, was ich von ihnen bekommen habe und dass ich auch ihre Strukturen für Trainings nutzen durfte. Sehr gefreut hat mich auch die positive Resonanz, um nicht zu sagen Euphorie, die ich in den letzten Wochen aus diesem Umfeld gespürt habe. Wenn dann Leute mit meinem Trikot mit der Nummer 28 ins Drususstadion gehen, macht mich das sehr stolz.
Raffi, herzlichen Dank für das Interview und Alles Gute für deine Zukunft. Wir sind stolz auf dich!