Auf den ersten Blick wird sich der Eine oder Andere sicherlich wundern, und die Frage stellen: Warum gerade dieses Spiel? Es ging ja 1 zu 0 verloren. Durchleuchtet man die Geschehnisse von damals, dann wird einem aber schnell klar: Dies war kein alltägliches Spiel.
Wir schreiben den 24.Mai 1992. In der damaligen Oberliga (Heute ähnlich einer regionalen Landesliga) ist noch der 30. und letzte Spieltag ausständig. Die 4 Erstplatzierten durften in die Verbandsliga (Heute Oberliga) aufsteigen. Die Ausgangslage versprach Spannung pur. Die Tabelle führte Taufers mit 40 Punkten an, gefolgt von Villazzano mit 39, Garibaldina und Naturns mit je 38 und Alense mit 37 Punkten. Alle restlichen Teams hatten mit dem Aufstieg nichts mehr zu tun. Taufers, wegen der Zwei-Punkte-Regel von damals, konnte als einzigstes Team nicht mehr aus den ersten 4 Plätzen verdrängt werden. Dieses Team wollte aber unbedingt Meister werden. Auch Naturns konnte theoretisch noch um den Titel mitspielen, doch was zählte war Einzig und Allein der Aufstieg. Der Zufall wollte es, dass eben genau diese beiden Mannschaften gegeneinander antreten mussten. Die Teams aus Villazzano und Alense konnten als einzige noch die Saisonziele der beiden Südtiroler Teams durchkreuzen. Wie sollte es anders sein, auch genau diese Beiden spielten ihr letztes Match gegeneinander aus.
Die Ausgangslage war somit klar. Damit beide Südtiroler Mannschaften am Ende jubeln konnten, musste dasselbe Resultat erzielt werden wie im Trentino. Gewinnt Villazzano muss Taufers gewinnen. Gewinnt Alense muss Naturns gewinnen, und bei einem Unentschieden muss eben auch ein Unentschieden im Ahrntal her. Naturns verfolgte also eine ganz eigene Taktik. Unser „Späher“ Vent Herbert machte sich sogleich auf die Reise ins Suganatal, während die Mannschaft und die Fans natürlich ins Ahrntal fuhren. Dort kamen, mit einer Ausnahme, auch alle pünktlich an. Wer fehlte? Natürlich das Auto, das die notwendigen Spielerausweise an Bord hatte. Dies gehörte natürlich zur List, so, wie auch die fingierte Reifenpanne (siehe eigenen Bericht). Als die notwendigen "Tesserini" in Taufers eintrafen war das Spiel Villazzano gegen Alense voll im Gange. Jetzt musste man nur dessen Ende abwarten und das eigene Spiel dementsprechend gestalten.
Die Partie begann recht vorsichtig. Nach einem ersten Abtasten kamen die Naturnser immer besser ins Spiel und hatten mit Massimo Bertinato und Andreas Kofler auch die ersten hochkarätigen Chancen. Doch auch die Tauferer versteckten sich nicht. Mehr als einige harmlose Angriffsbemühungen kamen dabei nicht zu Stande. Im Großen und Ganzen hatte Naturns die Partie voll im Griff. Mitte der zweiten Halbzeit kam die Nachricht, Villazzano hatte 2-0 gewonnen. Jetzt stand fest, Naturns war aufgestiegen und Taufers musste gewinnen, um den Traum vom Meistertitel nicht begraben zu müssen. Jetzt begannen jedoch die Komplikationen. Spielertrainer Massimo Bertinato und einige Naturnser Spieler waren nicht eingeweiht, und wollten das Spiel unbedingt gewinnen. Wieder andere Spieler wussten Bescheid und es entwickelte sich eine äußerst kuriose Endphase. So verstolperten die zwei Ahnungslosen Andy Kofler und Wolfi Blaas ungewollt und völlig freistehend vor dem leeren Tauferer Tor den Führungstreffer. Taufers hätte wohl keine Zeit mehr gehabt das Spiel zu drehen.
In der 90. Minute machte dann Abwehrrecke Karlheinz Parth dem Tauferer Jonny Abfalterer Platz, der zum, vom Heimpublikum, viel umjubelten Siegtreffer einnetzen konnte. Kurz darauf war dann auch Schluss. Taufers war Meister und Naturns war aufgestiegen! Man müsste meinen alle lagen sich vor Freude in den Armen. Weit gefehlt. Es kam zu wilden Wortgefechten und fast zu Raufereien, allen voran Spielertrainer Bertinato konnte sich nicht mehr beruhigen. Zu> Verworren und Unklar war für die meisten Akteure die Situation. Manch unschönes Wort sorgte zusätzlich dafür, dass das Verhältnis beider Clubs nachhaltig gestört blieb. Als die Gemühter wieder beruhigten, konnte endlich gefeiert werden, und spätestens nach einigen Aufstiegsbierchen war der ganze Ärger verflogen. Die Feier ging in Naturns weiter und standesgemäß bis zum nächsten Morgen.
Wenn man auf die gesamte Saison zurückblickt, war dieser Aufstieg sicherlich mehr als verdient. Jedoch die Art und Weise wie dieses letzte Spiel verlief bleibt zweifelhaft. Die Rechnung bekam der SSV dann prompt im darauf folgenden Jahr präsentiert. Gerade die Mannschaft aus Taufers besiegelte im vorletzten Spiel, mit einer 2-6 Heimniederlage, unseren Abstieg. Einige dachten wohl wir bekämen das Geschenk vom Vorjahr wieder zurück. Es blieb ein fahler Beigeschmack, der den Naturnser Fußball noch lange nachhängen sollte. Allerdings muss an dieser Stelle klar und deutlich betont werden, dass es danach nie wieder eine vergleichbare Aktion seitens der Naturnser gab. Man bekam sogar einige Jahre später die Chance es dem SSV Taufers zurückzuzahlen. Dieses Mal blieb man aber Fair und besiegte am letzten Spieltag den direkten Gegner, und verhalf somit dem Erzfeind die Liga zu halten.
Der SSV hatte seine Lehren gezogen.