Die Geburtsstunde eines "Erzfeindes"!
22.05.2010
Im selben Jahr holte man den regionalen Italienpokal. Im Bild Hubert Tappeiner bei der Pokalübergabe in Trient.
Auf den ersten Blick wird sich der Eine oder Andere sicherlich wundern, und die Frage stellen: Warum gerade dieses Spiel? Es ging ja 1 zu 0 verloren. Durchleuchtet man die Geschehnisse von damals, dann wird einem aber schnell klar: Dies war kein alltägliches Spiel.
Wir schreiben den 24.Mai 1992.
In der damaligen Oberliga (Heute ähnlich einer regionalen Landesliga) ist noch
der 30. und letzte Spieltag ausständig. Die 4 Erstplatzierten durften in die
Verbandsliga (Heute Oberliga) aufsteigen. Die Ausgangslage versprach Spannung
pur. Die Tabelle führte Taufers mit 40 Punkten an, gefolgt von Villazzano mit
39, Garibaldina und Naturns mit je 38 und Alense mit 37 Punkten. Alle
restlichen Teams hatten mit dem Aufstieg nichts mehr zu tun. Taufers, wegen der
Zwei-Punkte-Regel von damals, konnte als einzigstes Team nicht mehr aus den
ersten 4 Plätzen verdrängt werden. Dieses Team wollte aber unbedingt Meister
werden. Auch Naturns konnte theoretisch noch um den Titel mitspielen, doch was
zählte war Einzig und Allein der Aufstieg. Der Zufall wollte es, dass eben
genau diese beiden Mannschaften gegeneinander antreten mussten. Die Teams aus
Villazzano und Alense konnten als einzige noch die Saisonziele der beiden
Südtiroler Teams durchkreuzen. Wie sollte es anders sein, auch genau diese
Beiden spielten ihr letztes Match gegeneinander aus.
Die Ausgangslage war somit klar.
Damit beide Südtiroler Mannschaften am Ende jubeln konnten, musste dasselbe
Resultat erzielt werden wie im Trentino. Gewinnt Villazzano muss Taufers
gewinnen. Gewinnt Alense muss Naturns gewinnen, und bei einem Unentschieden
muss eben auch ein Unentschieden im Ahrntal her. Naturns verfolgte also eine
ganz eigene Taktik. Unser „Späher“ Vent Herbert machte sich sogleich auf die
Reise ins Suganatal, während die Mannschaft und die Fans natürlich ins Ahrntal
fuhren. Dort kamen, mit einer Ausnahme, auch alle pünktlich an. Wer fehlte?
Natürlich das Auto, das die notwendigen Spielerausweise an Bord hatte. Dies
gehörte natürlich zur List, so, wie auch die fingierte Reifenpanne (siehe
eigenen Bericht). Als die notwendigen "Tesserini" in Taufers
eintrafen war das Spiel Villazzano gegen Alense voll im Gange. Jetzt musste man
nur dessen Ende abwarten und das eigene Spiel dementsprechend gestalten.
Die Partie begann recht vorsichtig.
Nach einem ersten Abtasten kamen die Naturnser immer besser ins Spiel und
hatten mit Massimo Bertinato und Andreas Kofler auch die ersten hochkarätigen
Chancen. Doch auch die Tauferer versteckten sich nicht. Mehr als einige
harmlose Angriffsbemühungen kamen dabei nicht zu Stande. Im Großen und Ganzen
hatte Naturns die Partie voll im Griff. Mitte der zweiten Halbzeit kam die
Nachricht, Villazzano hatte 2-0 gewonnen. Jetzt stand fest, Naturns war
aufgestiegen und Taufers musste gewinnen, um den Traum vom Meistertitel nicht
begraben zu müssen. Jetzt begannen jedoch die Komplikationen. Spielertrainer
Massimo Bertinato und einige Naturnser Spieler waren nicht eingeweiht, und
wollten das Spiel unbedingt gewinnen. Wieder andere Spieler wussten Bescheid und es entwickelte sich eine äußerst
kuriose Endphase. So verstolperten die zwei Ahnungslosen Andy Kofler und Wolfi
Blaas ungewollt und völlig freistehend vor dem leeren Tauferer Tor den
Führungstreffer. Taufers hätte wohl keine Zeit mehr gehabt das Spiel zu drehen.
In der 90. Minute machte dann Abwehrrecke Karlheinz Parth dem Tauferer Jonny
Abfalterer Platz, der zum, vom Heimpublikum, viel umjubelten Siegtreffer
einnetzen konnte. Kurz darauf war dann auch Schluss. Taufers war Meister und
Naturns war aufgestiegen! Man müsste meinen alle lagen sich vor Freude in den
Armen. Weit gefehlt. Es kam zu wilden Wortgefechten und fast zu Raufereien,
allen voran Spielertrainer Bertinato konnte sich nicht mehr beruhigen. Zu>
Verworren und Unklar war für die meisten Akteure die Situation. Manch unschönes
Wort sorgte zusätzlich dafür, dass das Verhältnis beider Clubs nachhaltig
gestört blieb. Als die Gemühter wieder beruhigten, konnte endlich gefeiert
werden, und spätestens nach einigen Aufstiegsbierchen war der ganze Ärger
verflogen. Die Feier ging in Naturns weiter und standesgemäß bis zum nächsten
Morgen.
Wenn man auf die gesamte Saison
zurückblickt, war dieser Aufstieg sicherlich mehr als verdient. Jedoch die Art
und Weise wie dieses letzte Spiel verlief bleibt zweifelhaft. Die Rechnung
bekam der SSV dann prompt im darauf folgenden Jahr präsentiert. Gerade die
Mannschaft aus Taufers besiegelte im vorletzten Spiel, mit einer 2-6
Heimniederlage, unseren Abstieg. Einige dachten wohl wir bekämen das Geschenk
vom Vorjahr wieder zurück. Es blieb ein fahler Beigeschmack, der den Naturnser
Fußball noch lange nachhängen sollte. Allerdings muss an dieser Stelle klar und
deutlich betont werden, dass es danach nie wieder eine vergleichbare Aktion
seitens der Naturnser gab. Man bekam sogar einige Jahre später die Chance es
dem SSV Taufers zurückzuzahlen. Dieses Mal blieb man aber Fair und besiegte am
letzten Spieltag den direkten Gegner, und verhalf somit dem Erzfeind die Liga
zu halten.
Der SSV hatte seine Lehren
gezogen.
Die Aufsteiger wurde in der Weinstube triumphal empfangen.
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