Als ein Lift fast den Aufstieg versaute
28.08.2010
Die 1. Naturnser Oberligamannschaft im Jahre 1980
Milland 16.Mai 2010. Naturns besiegt im Auswärtsspiel den Gegner Milland mit 4-2 Toren. Grenzenloser Jubel - soeben wurde der Aufstieg in die Oberliga fixiert.
Wer weiß eigentlich, dass dies bereits der vierte Aufstieg in
die höchste heimische Amateurliga ist. Wer kann sich an den ersten Aufstieg
erinnern? Wohl nur die älteren Anhänger, die meisten aktuellen Kicker waren
damals noch nicht geboren.
Dazu müssen wir in der SSV-Chronik um ganze 30 Jahre
zurückblättern:
Wir schreiben den 15.Juni 1980. In Algund trifft Naturns im
Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die Oberliga auf Sinich.
Wie es der Zufall will, wurde auch dieses Spiel, wie heuer,
mit 4-2 Toren gewonnen.
Bevor wir aber näher auf das Spiel eingehen, lohnt es den
Blick auf die Geschichte der Saison 1979/80 zu werfen.
Obwohl die Saison fast ausschließlich mit einheimischen
Spielern in Angriff genommen wurde, war man sich doch der eigenen Stärke
bewusst. Der damalige Sektionsleiter Pichler Franz wurde im Privatsender TVS
nach den Saisonzielen befragt. Worauf er antwortete: „Ich will nicht sagen,
dass wir die Meisterschaft gewinnen wollen, doch ein zweiter Platz wäre eine
Enttäuschung.“ In der Winterpause sorgte der exzentrische Kopf des Vereines für
einen Paukenschlag, als er Trainer Puffer Helmut entließ. Und dies, obwohl die
Mannschaft zu diesem Zeitpunkt Tabellenführer war.
In der Rückrunde übernahm Prieth Edwin die Leitung der
Mannschaft. Die gesamte Meisterschaft entwickelte sich zu einem Zweikampf
zwischen Naturns und Sinich. Wobei vor allem die enorme Heimstärke zu erwähnen
ist. Nur zwei Unentschieden, ansonsten alles Siege, war die überragende Bilanz.
Überhaupt war der Naturnser Sportplatz zu dieser Zeit eine uneinnehmbare
Festung. Verlor man doch drei (!) Saisonen in Folge kein Spiel mehr.
Nach dem letzten Spieltag lagen Naturns und Sinich mit 36
Punkten gemeinsam auf Platz 1.
Dies bedeutete, ein Entscheidungsspiel muss her. Das Recht zum Aufstieg erhielt
nur eine Mannschaft. Hinzu kam noch die ewige Rivalität zwischen den
italienischen Clubs und den deutschsprachigen Dorfvereinen, welche zu dieser
Zeit noch ausgeprägter war wie heute. Für Brisanz war also bestens gesorgt.
Bevor aber dieses Spiel losging, ereignete sich eine Anekdote
die noch heute oft und gern an den Stammtischen erzählt wird. Damit man gut
gestärkt in das Match gehen konnte, beschloss man in Vellau gemeinsam Mittag zu
essen. Als der Hunger gestillt war und noch etwas Zeit übrig blieb, fuhr ein
Großteil der Mannschaft mit dem Korblift von Vellau zur Leiter Alm. Dort eingetroffen kam ein plötzlicher
Wetterumschwung. Es zogen dunkle Wolken auf und ein starker Wind begann zu
wehen. Daraufhin wurde der Lift aus Sicherheitsgründen kurzerhand abgeschaltet
und man saß auf der Alm fest. Die Aufregung war verständlicherweise groß und
schon bald wurde die Zeit knapp. Man sah zwar wunderbar auf das Spielfeld, nur
die Zufahrt war versperrt. Als man die Sinicher Spieler schon erspähen konnte,
hatte der Wettergott und vor allem der Liftbetreiber ein einsehen und ließ die
Mannschaft wieder ins Tal abfahren. Das Spiel konnte dann regulär beginnen und
auch das Wetter zeigte sich wieder von der freundlichen Seite.
Die Ränge waren voll, von allen Seiten suchten sich die
Zuschauer noch die letzten freien Plätze.
Wegen der Wichtigkeit des Matches wurde von der Lega sogar
ein außerregionaler Schiedsrichter eingesetzt. Ein gewisscr Herr Salati
Ermanno, sicherlich einer der Stärksten
seiner Zunft der damaligen Zeit. Die Älteren unter uns erinnern sich
vielleicht noch an den Bestechungsskandal ein paar Jahre zuvor. Wo eben genau
dieser Schiedsrichter den damaligen Sektionsleiter Pichler Franz für 2 Jahre
gesperrt hatte. Das war damals der erste Skandal dieser Art im regionalen
Fußball. Doch dies ist eine andere Geschichte und würde den Rahmen dieses
Artikels sprengen.
Das Spiel begann nicht wie gewünscht für Naturns. Man fand
nur schwer in die Gänge und die spielstarken Sinicher beherrschten den Großteil
der 1. Hälfte. Diese Überlegenheit wurde vom Starspieler des Gegners Demoliner
zum 1-0 ausgenützt. Kurz vor der Halbzeit gelang jedoch der glückliche
Ausgleich. Der Naturnser Mittelstürmer Mario Darin war der Torschütze.
Nach der Halbzeit fanden die Naturnser dann immer besser ins
Spiel. Allerdings war es wiederum Sinich vorbehalten, die Führung zu erzielen.
Ein gewisser Natale Baggio, der einige Jahre später selber die Schuhe für
Naturns binden sollte, traf.
Nach diesem 2-1 übernahm nun die Mannschaft um Prieth das
Zepter und zeigten unglaublichen Kampfgeist - der dann auch belohnt wurde. Ein
Strafstoss von Engl Grünfelder konnte der Tormann nur kurz abwehren, Helmut
Pederiva war zur Stelle und drückte das Leder über die Linie. Jetzt rollten die
Angriffe und Sinich wurde klar beherrscht. Schließlich war es eine Aktion über
rechts von Karl Mazoll, Vater von Peter dem heutigen Kapitän von Naturns, die
die Führung einleitete. Sein Pass fand Manni Tappeiner, der den Ball in der
83.Minute in die lange Ecke vollstreckte. Das 4-2 erzielte schließlich noch
Willi Platzgummer auf seine unnachahmliche Torjägerart. Der Sieg und der 1.
Aufstieg in die Oberliga war unter Dach und Fach. Der Jubel war grenzenlos und die
Aufstiegsfete begann mit einer ausgiebigen Sektdusche.
Die Dolomiten beschrieben tags drauf diesen Sieg als „Erfolg
der physisch stärkeren und von unbändigen Siegeswillen beseelten Mannschaft“.
Diese Worte sprechen für sich.
Das Spiel wurde sogar von TVS, dem damaligen
Privatfernsehsender aus Kompatsch aufgezeichnet. Allerdings hatte der Kameramann
vergessen einen Film einzulegen.
Zurück zur Liste